Seit der Antike wird angenommen, dass gutaussehende Menschen auch einen einwandfreien Charakter besitzen und zu Höchstleistungen fähig sind. Das sieht man an vielen Beispielen aus der Literatur. Das Konzept wird als „Kalokagathia“ bezeichnet und ist sehr berühmt. Und auch noch heute gelten bestimmte Schönheitsvorstellungen, die uns im Alltag weiterhelfen – und selbst in der Politik erfolgreich machen können.
„Sein Mund leuchtete wie ein Rubin von Röte, / als ob er in Flammen stünde; / volle Lippen, wahrlich keine schmalen. / Glänzend war sein Leib, wo man auch hinsah. / Hell und lockig war sein Haar, / wo es hervorsah unter seinem Hut, / und der war eine teure Kopfbedeckung. / Sein Mantel war ein grüner Samt, / vorne drauf der Zobel gab schwarzen Schein; / das Hemd, das er trug, war weiß.“ So beschreibt Wolfram von Eschenbach in seinem mittelalterlichen Ritterepos „Parzival“ die Figur von Gahmuret, Parzivals Vater, einem ausgezeichneten Ritter und bekanntem Kämpfer. Der Dichter nimmt hierbei die Schönheitsvorstellung des Mittelalters auf – und die gutaussehenden Männer vertreten in der Regel noble Standpunkte und haben einen guten Charakter. Das gleiche gilt übrigens auch für die Frauen.
Diese Verse sind ein Beispiel für das kulturgeschichtlich weltbekannte Konzept der „Kalokagathia“. Das ist die Bezeichnung für ein griechisches Ideal der körperlichen und geistigen Vortrefflichkeit („Schönheit und Gutheit“). Der Begriff bezeichnet eine Verbindung von körperlicher Schönheit und geistigen Vorzügen, die als gesamthafte Vortrefflichkeit (Arete) der Person erscheint, und bei bedeutenden Denkern wie Sokrates, Platon oder auch Xenophon eine wesentliche Rolle spielt. Dabei wird angenommen, dass gutaussehende Menschen auch einen einwandfreien Charakter besitzen, wie eben Wolfram von Eschenbach klarmacht: Gahmuret, der Vater des späteren Gralskönig Parzival, wird als idealschöne Gestalt dargestellt, die sich in der Welt bewährt und unter anderem bei einem großen Ritterturnier alle Gegner besiegen kann.
Und andersherum gilt genauso: Hässlichkeit entspricht Bösartigkeit. Bösewichte sind in der Regel hässlich, etwa William Shakespeares Richard III. im gleichnamigen Drama, der als äußerst unansehnlich und missgebildet daherkommt – und seine beiden Brüder, den regierenden König Edward IV. und George, den Herzog von Clarence, aus dem Weg räumt, um selbst den Thron zu besteigen. Richard III. taugt nicht zum eloquenten Liebhaber, der bei Klängen der Laute mit den Damen am Hof tändelt, wie er von sich sagt. So lahm und verkrüppelt sei er, dass ihn Hunde anbellen, wenn sie ihn sehen. Sein schlechter Charakter, der aus dem missgestalteten Äußeren hergeleitet wird, zeigt sich in seinen Bluttaten. Am Ende wird er im Zweikampf auf dem Schlachtfeld getötet.
Gutes Aussehen befördert die Karriere
Bis heute gilt dieses Prinzip der Kalokagathia (zumindest in der positiven Form) noch. Attraktive Menschen haben gemeinhin mehr Erfolg und werden als „besser“ und eloquenter wahrgenommen als ihre weniger fitten Kollegen und Konkurrenten. Die Praxis zeigt immer wieder: Gutes Aussehen befördert die Karriere, auch wenn die Kompetenz nicht immer Schritt halten kann. Das ist sogar wissenschaftlich bewiesen. Die US-amerikanische Psychologin und Attraktivitätsforscherin Rita Freedman, Autorin der Bücher „Bodylove“ und „Beauty Bound“ beispielsweise hat herausgefunden, dass dies sogar schon unmittelbar nach der Geburt beginnt: Mütter reagieren stärker und häufiger auf ihre Babys, wenn diese hübsch sind. Dieser „Zauber der Schönheit“, hat Freedman festgestellt, zieht sich durch das ganze Leben, schöne Menschen profitieren von positiven Vorurteilen: Sie werden, zumindest im ersten Moment, für sozial kompetenter, erfolgreicher, intelligenter, sympathischer, selbstsicherer, kreativer, geselliger, fleißiger und zufriedener gehalten.
Eine Umfrage der New Yorker Universität Syracuse unter 1300 Personalmanagern ergab, dass 93 Prozent der Personalchefs der Ansicht sind, dass schöne Menschen schneller einen Job finden. Und laut einer Langzeitstudie der Hamburger Wirtschaftswissenschaftlerin Professor Sonja Bischoff („Wer führt in die Zukunft?“) stuften 1986 noch rund fünf Prozent der Personalchefs die äußere Erscheinung als wichtig ein, so waren es 1991 bereits 14 Prozent, 1998 schon 22 Prozent – beim letzten Messzeitpunkt der Langzeitstudie maßen die Befragten dem Faktor Schönheit sogar erstmals größere Bedeutung bei als persönlichen Kontakten oder Seilschaften.
Das hat einen leicht nachvollziehbaren Grund. Wer sich körperlich nicht wohl fühlt, strahlt dies regelmäßig auch an seine Umwelt aus und wird durch das Unwohlsein gehemmt. So sorgt zum Beispiel die Volkskrankheit der Halswirbelsäulen-Verspannungen für dauerhafte Kopfschmerzen. Die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit lässt nach, der Betroffene reagiert schnell gereizt und fällt mit seiner schlechten Laune negativ auf. Die Körpersprache wird durch die von der Verspannung ausgelösten Schmerzen gesteuert Die Folge: Sein Ruf leidet, die Leistungsfähigkeit geht zurück.
Körperliche Attraktivität gewinnt Wahlen
Ein Beispiel dafür stammt aus der Politik. Beim TV-Duell der beiden US-amerikanischen Präsidentschaftsbewerber John F. Kennedy und Richard Nixon am 26. September 1960 hat sich gezeigt, welche Wirkung ein gesundes Äußeres und ein frischer Geist auf das Publikum hat. Der Republikaner Nixon war im Wahlkampf um die Präsidentschaft gegen Kennedy eigentlich der Favorit, aber Nixon war in aber war in schlechter Verfassung. Durch einen Krankenhausaufenthalt hatte er 14 Kilogramm abgenommen, von zahlreichen Wahlkampfterminen gehetzt, sah er blass und kränklich aus. Zudem war Nixon, seinem starken Bartwuchs geschuldet, schlecht rasiert, der Bartschatten gab ihm etwas Gaunerhaftes – und verzichtete darauf, geschminkt zu werden, da sein sonnengebräunter Herausforderer John F. Kennedy ebenfalls keinen Maskenbildner wollte. In der Debatte versagte Nixon dann häufig die Stimme, er schwitzte stark und schaute mehr seinen Kontrahenten an als in die Kamera. Kennedy hingegen sprach das Publikum vor den Bildschirmen direkt an und gewann schließlich Debatte und Wahl.
Übergewicht ist Risikofaktor für Gesundheit und Aussehen
Apropos Gewicht: Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind rund zwei Drittel aller Deutschen übergewichtig. Menschen mit starkem Übergewicht wirken oftmals nicht sonderlich dynamisch, ebenso wird an ihrer Leistungsfähigkeit gezweifelt – wer untrainiert ist, dem traut man kaum Höchstleistungen zu. Neben gesunder, ausgewogener Ernährung und einem individuell angepassten Bewegungsprogramm steht auch im Fokus, den Körper mit den Stoffen zu versorgen, die er wirklich braucht und die ihm Energie liefern, und zwar ohne negative Folgen. Natürlich, Zucker, Kohlenhydrate etc. müssen sein – aber eben nicht in großen Mengen. Viel wichtiger sind natürliche Inhaltsstoffe wie die gesamte Bandbreite an Vitaminen und Mineralien, aber beispielsweise auch gesundes Eiweiß. Dieses sättigen und machen gleichzeitig schlank. Proteine verbrennen nämlich bei der Verdauung im Körper Unmengen an Fett.
Übrigens: Das Verhältnis vom Taillen- zum Hüftumfang, die „waist-to-hip-ratio“ (WHR), ist ein Indikator für Attraktivität und sagt gleichzeitig etwas über die Fettverteilung aus, also über die tatsächliche körperliche Gesundheit: Wer einen hohen WHR-Wert hat, bei dem sammelt sich der Speck eher an Bauch und Taille. Damit steigt das Risiko vor allem für Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems. Und überhaupt ist Körpergewicht bekanntermaßen ein Risikofaktor für verschiedene Krankheiten, beispielsweise Diabetes. Bei Männern hingegen haben die Forscher keinen Zusammenhang zwischen typischen Attraktivitätsmerkmalen (wenig Fett, viele Muskeln, breite Schultern) und der Gesundheit gefunden.
Das alles bedeutet: Physische Fitness ist das A und O, um im Berufsleben, ob als Unternehmer, Führungskraft oder normaler Angestellter, dauerhaft bestehen zu können. Auch wenn wir keine strahlenden Ritter sind, möchten wir doch vielleicht so gesehen werden.